3000 Km durch Osteuropa
Tschechien - Slowakei - Ungarn - Polen - Litauen
Um es gleich vorweg zu nehmen; das ursprüngliche Ziel, einmal die Ostsee zu umrunden
wurde nicht erreicht. Leider spielte das Wetter, trotz positiver Vorhersagen, wieder mal nicht
mit. Trotzdem wurde es eine interessante und erlebnisreiche Reise.
Bei bestem Wetter starteten wir (Walter Herzing und Hagen Puttrich) von Nidda aus Richtung
Osten. Die erste Etappe ging nach Benesov, ein kleiner Platz südlich von Prag. Dort wurde
getankt und mit Kreditkarte bezahlt. Die Landegebühr dagegen musste in Landeswährung
entrichtet werden und schon fingen die Probleme an. Dank eines hilfsbereiten Piloten konnten
unsere Euros in die benötigten Kronen getauscht werden. Der weitere Verlauf des Fluges
führte über Tschechien, der Slowakei nach Nyiregyhaza in Ostungarn, nahe der ukrainischen
Grenze. Das Wetter war gut und die Luftaufsicht hielt uns auf Trab. Beim Durchflug durch
die jeweiligen Kontrollzonen der auf dem Weg liegenden Verkehrsflughäfen und
Militärplätze mussten mindestens zehnmal die Funkfrequenzen gewechselt werden.
In Nyiregyhaza waren wir mit einem guten Bekannten verabredet und blieben dort zwei Tage.
Die Zeit nutzten wir für einen gemeinsamen Ausflug zum Weltkulturerbe Tokaj und genossen
dort den weltberühmten Wein.
Für den nächsten Tag war dann der Weiterflug nach Riga geplant. Hierfür waren zwei
Zwischenstopps eingeplant. Dies gestaltete sich sehr schwierig, da die ausgesuchten Plätze in
Polen nicht über den notwendigen Treibstoff verfügten oder geschlossen waren. So blieb uns
nichts anderes übrig, als den Verkehrsflughafen Lublin anzufliegen. Große Plätze wollten wir
ursprünglich vermeiden, weil damit in der Regel ein großer Administrations- und
Zeitaufwand verbunden ist. Auf dem Flug nach Lublin wurde das Wetter zunehmend
schlechter, so dass teilweise nur noch eine Flughöhe von 1000 Fuß Grund möglich war.
Als nächster Stopp war Alytus in Litauen vorgesehen, der einzige Platz der laut AIP weit und
breit über AVGAS verfügt. Telefonisch wurde vorher abgeklärt, ob das wirklich so ist und ob
auch jemand am Platz wäre. Dies wurde bestätigt. Auf dem Weg dorthin nahm der Wind
ständig zu und die ersten Schauer mussten umflogen werden. Einige Kilometer vor dem Platz
riefen wir dann mehrmals auf der entsprechenden Frequenz, aber es kam keine Antwort. Dann
wurde der Platz mehrmals überflogen, um zu sehen, ob sich am Boden etwas rührt. Dem war
aber nicht so. Also wurde eine Blindmeldung abgesetzt und bei starkem Seitenwind auf der
Graspiste gelandet. Nach dem Abstellen der D-EGPB an der Tankstelle (alter
Armeetankwagen) kam dann ein Mann aus einer Halle, begrüßte uns freundlich und stellte
sich als Vorsitzender des hiesigen Aeroclubs vor. Danach zeigte er uns die Halle, in der sich
kreuz und quer etliche Flugzeuge befanden, teilweise zerlegt. Darunter zwei YAK52, eine
Zlin und ein Segelflugzeug, das aus Michelbach im Taunus stammte. Als wir die Halle
verließen, zog ein schweres Gewitter mit Starkregen auf, so dass wir uns in ein anliegendes
Wohnhaus retten mussten. Unser litauischer Fliegerkollege war sehr gastfreundlich und
bewirtete uns mit Kaffee und Schokolade. Außerdem zeigte er uns etliche Bilder von einer
Flugschau in China, an der er als technischer Berater und eines der Clubflugzeuge teilnahm.
Zwischenzeitlich hatten wir ständig das Wetter im Auge und schnell wurde klar, dass wir
nicht mehr nach Riga kommen würden. Da wir nicht in der Provinz bleiben wollten
entschlossen wir uns nach 2 Stunden Zwangspause nach Klaipeda (ehemals Memel) an der
Kurischen Nehrung zu Fliegen. Da der Seitenwind noch mehr zugenommen hatte, fragten wir,
ob es möglich sei, auf dem ca. 400m langen und 3m breiten Taxiway zu starten, der genau in
Windrichtung lag. No Problem sagte der Vorsitzende des Clubs, wir machen das auch so. Los
ging’s und nach gefühlten 200m waren wir in der Luft.
Trotz gegenteiliger Wettermeldungen nahm der Wind in Richtung Klaipeda immer mehr zu.
Teilweise hatten wir nur noch 80 Km Groundspeed. Auch die auf der Flugstrecke
befindlichen Schauer waren nicht gemeldet. Zu guter Letzt stand noch ein kräftiger Schauer
direkt über dem angepeilten Platz, der aber relativ schnell weiter zog. Die Landung erfolgte
bei starkem Wind von vorne rechts und nachdem das Flugzeug seine endgültige Position
eingenommen hatte, wurde es an den vorhandenen, in Beton eingegossenen Befestigungsösen,
gut verzurrt. Die Temperatur war auf 10° Celsius gefallen. Am Vortag hatten wir noch 36°.
Ein Hotel wurde schnell gefunden und nach einer Besichtigung der Altstadt klang der Abend
bei gutem Essen und Trinken standesgemäß aus. Nach dem Frühstück ging es am nächsten
Morgen dann wieder zum Flugplatz, um zu tanken. Nach einigem hin und her bekamen wir
dann ein paar Liter Sprit. Gut, dass Litauen den Euro hat. Die Wetterlage wurde gecheckt. Ein
Weiterflug nach Riga wäre jetzt möglich gewesen, da aber bereits von Westen über Schweden
das nächste Tief herein zog, wurde davon Abstand genommen. Also beschlossen wir, den
Rückflug anzutreten. Auf Grund der tief hängenden Wolken, weniger als 500 Fuß Grund,
mussten wir bis zum Weiterflug noch ca. 2 Sunden warten. Danach starteten wir so wie wir
gekommen waren, also ohne jeglichen Support in Richtung Olsztyn in den Masuren.
Auf dem Weg dorthin musste Kaliningrad (Königsberg), eine russische Exklave umflogen
werden. Der Wind ließ deutlich nach und bis auf ein paar Schauer war das Wetter soweit in
Ordnung. Die Landung in Olsztyn nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Es handelt sich um einen
großen, neuen Platz mit etwas internationalem Verkehr, aber einem enormen Administrations-
und Bürokratieaufwand. Wir wurden 2x kontrolliert und durchleuchtet.
Als nächster Landepunkt war Torun eingeplant. Auch hier wurde im Voraus die
Verfügbarkeit von Benzin abgeklärt. Der Flug dorthin war stressfrei, aber das Tanken war
wieder ein Abenteuer für sich. Zuerst musste jemand gefunden werden, der die Tankstelle
bedienen konnte und dann musste ein Betrag vorgewählt werden, für den es eine
entsprechende Menge Sprit gab. Wenn ein zu hoher Betrag gewählt wird, und die Menge zu
hoch ist, läuft der Rest drüber. Wir haben uns dann für 110 Zloty entschieden, das entspricht
ungefähr 15 Liter AVGAS. Glücklicherweise haben wir gerade noch rechtzeitig bemerkt, dass
der Tankwart 1100 Zloty eingegeben hatte. Nach dem Bezug des Hotels machten wir eine
Stadtbesichtigung. Torun (Thorn) hat eine wunderschöne Altstadt und ist auf alle Fälle eine
Reise wert. Torun ist Weltkulturerbe und die Geburtsstadt von Kopernikus.
Am nächsten Morgen ging es wieder zum Flughafen und dann Richtung Heimat. Das Wetter
war bestens und die nächste Zwischenlandung erfolgte in Rotenburg/Lausitz. Ein Abstecher
über das Elbsandsteingebirge und ein Rundflug über Dresden setzten den krönenden
Schlusspunkt dieser wunderschönen und erlebnisreichen Flugreise.
Um 17:49 Ortszeit hatte uns Nidda wieder. Rechtzeitig vor dem nächsten Gewitter konnte die
D-EGPB, die uns problemlos durch halb Europa gebracht hat, getankt und gewaschen, in die
Halle geschoben werden.